Die eBibo: Bücher und Filme aus Einsen und Nullen
Shownotes
Die zentrale Seite der elektronischen Bibliothek "eBibo" der Städtischen Bibliotheken Dresden und die Zugänge zu den einzelnen digitalen Diensten.
Die Zugangsseite der Onleihe für das Ausleihen von E-Books, Audiobooks, Elektronischen Zeitungen und Magazinen und eLearning-Kursen.
"Buch ist Buch", die Informationsseite des Bibliotheksverbands zu E-Books und der Lizenzierungsproblematik.
Titelmusik:
"Please, Listen Carefully", Jahzzar
Kommentare und Anmerkungen zur Folge bitte hier: https://buecherrausch.podigee.io/s3e5-ebibo-ebooks
Aufgenommen und produziert von Marcus Anhäuser, Dresden.
Mit freundlicher Unterstützung der Städtischen Bibliotheken Dresden.
Transkript anzeigen
00:00:00: In den ersten vier Folgen dieses Podcasts habe ich euch ganz typische Bereiche der Städtischen Bibliotheken in Dresden vorgestellt.
00:00:07: Es ging immer um echte Bücher, CDs, DVDs, aber auch Instrumente, Hula-Hoop-Reifen oder eine Bohrmaschine.
00:00:16: All diese Dinge und Medien, die man in die Hand nimmt, mit nach Hause nehmen kann, das Buch, das man aufschlägt, darin herumblättert,
00:00:25: oder die CD, die man in den Player einlegt, um die Lieblingsmusik zu hören.
00:00:31: In dieser Folge werdet ihr nichts davon zu hören bekommen.
00:00:34: Kein Seitenblättern, kein CD-Cover-Geklacker oder das Einziehen einer DVD in den Recorder. Und auch kein Theremin.
00:00:42: Diesmal wäre das einzige typische Geräusch nur das unsinnliche Klackern einer Tastatur.
00:00:48: Oder das kaum hörbare Tippen auf dem E-Book-Reader. Denn in dieser Folge lernen wir das Neuland kennen,
00:00:55: die eBibo, die elektronische Bibliothek der Städtischen Bibliotheken Dresden.
00:01:01: Und damit herzlich willkommen zur neuen Folge des Bücherrausch Podcasts "Hinter den Kulissen". Mein Name ist Marcus Anhäuser.
00:01:17: Weil sich das meiste in der elektronischen Bibliothek im Computer und auf Servern abspielt,
00:01:22: gibt es auch keinen akustisch interessanten Ort, den ich besuchen könnte,
00:01:26: um den Verantwortlichen für die digitalen Angeboten Stefan Ettrich zu interviewen.
00:01:31: Wir treffen uns also in einem der stillsten Räume, im Lesesaal der Zentralbibliothek im Kulturpalast in Dresden,
00:01:39: bevor die ersten Nutzerinnen und Nutzer kommen, um ihre Zeitung zu lesen.
00:01:44: Stefan Ettrich arbeitet seit 2002 hier in Dresden.
00:01:48: Und bevor wir über die Besonderheiten und Vorzüge der elektronischen Bibliothek reden,
00:01:54: erklärt er mir erstmal, was es alles so gibt im digitalen Angebot der städtischen Bibliotheken.
00:02:00: Wir haben eigentlich ein sehr breites Portfolio mittlerweile. Und was sozusagen die klassische Bibliothek abbildet, ist die Onleihe.
00:02:06: Wir bilden im Grunde das, was es im physischen Raum gibt, eins zu eins im digitalen Raum ab.
00:02:11: Also für das Buch, das E-Book, für das CD-Hörbuch, den Audio-Stream.
00:02:16: Aber wir haben auch besondere Angebote, die es vielleicht sonst ohne Digitalisierung nicht gäbe.
00:02:22: Was man vielleicht vorab erklären muss.
00:02:25: All diese besonderen Dienste und die Onleihe der Bibliothek finden sich nicht in einem einzigen umfassenden Portal,
00:02:32: sondern viele der Dienste haben ihren eigenen Zugang.
00:02:35: Die Erklärung: Die Bibliothek hostet all die besonderen Medien nicht auf eigenen Servern, sondern setzt auf die Unterstützung und die Inhalte von spezialisierten Anbietern.
00:02:45: Das überrascht den einen oder anderen Nutzer zu Beginn, aber man lernt schnell, wie das System aufgebaut ist.
00:02:51: Das sind zum Beispiel E-Learning Kurse. Und genauso geht es auch im Buchbereich weiter, dass wir für die Kinder die App Tigerbooks lizenzieren.
00:02:59: Die wir neben dem klassischen Bilder-E-Book eben auch interaktive Bücher beinhaltet.
00:03:04: Ansonsten haben wir noch eine große Auswahl an E-Magazins in der Onleihe.
00:03:08: Wir bieten eine Pressendatenbank an, wo man tagesaktuell die Presseartikel recherchieren und lesen kann von einem Großteil deutschsprachiger Zeitungen.
00:03:15: Dann haben wir ein breites Angebot an Musikstreaming-Möglichkeiten mittlerweile.
00:03:20: Dann haben wir noch Medici TV, das ist eine Videostreaming-Plattform, wo die Nutzer Opern, Ballett schauen können oder Konzerteaufzeichnungen.
00:03:29: Was wir im Videostreaming-Bereich auch noch haben ist Filmfriend. Das ist unser Filmstreaming-Portal mit einem Angebot, man sagt so der besondere Film,
00:03:39: so ein bisschen das europäische Autorenkino vertreten, was uns die Leute auch gerade nach der Corona-Pandemie gespiegelt haben,
00:03:46: dass sie froh sind, eine Alternative zu haben, die einfach anders ist.
00:03:51: Ich denke, dass es auch mit unserer Aufgabe, auch solche Nischen mit zu bedienen, um die Menschen aus diesen großen kommerziellen Angeboten,
00:03:59: Auch schon mal rauszuholen oder überhaupt Menschen die Möglichkeit geben, sowas zu nutzen.
00:04:02: Und das ist noch nicht alles, was die elektronische Bibliothek zu bieten hat.
00:04:06: Man findet eben nicht nur E-Books und Hörbücher zum Ausleihen, sondern auch Hollywood-Blockbuster oder Live-Übertragungen aus der Mailander Scala.
00:04:15: Ihr findet die Links zu den Angeboten in den Informationen zu dieser Folge.
00:04:19: Das sah übrigens am Anfang noch ganz anders aus.
00:04:24: Stefan Ettrich kann sich an den Start und das Datum noch ganz genau erinnern.
00:04:28: Als Gründungsdatum ist es der 24. Oktober 2009.
00:04:31: Der 24. Oktober lässt sich gut merken, weil das ist der "Tag der Bibliotheken".
00:04:35: Und deshalb hat man den Tag einfach damals genommen, um die E-Bibliothek zu gründen.
00:04:40: Los ging es ungefähr ein Jahr vorher, wo unser Direktor, Prof. Aaron Flemming, die Idee hatte, zu sagen, ja,
00:04:47: da kommt fast was auf uns zu, es gibt mittlerweile auch einen Anbieter für Bibliotheken.
00:04:52: Und wir eröffnen nicht einfach eine Stadtteilbibliothek eine neue, sondern wir eröffnen quasi in eine "digitale Stadtteilbibliothek", in Anführungsstrichen.
00:05:00: Und wurde ein Team zusammengetrommelt. Man musste sich halt Gedanken machen.
00:05:04: Wie stellt man die nach außen dar? Integriert man die einfach in eine bestehende Webseite? Machen wir eine gesonderte Webseite?
00:05:11: Was gibt es überhaupt für digitale Angebote für die Nutzer?
00:05:14: Zum damaligen Zeitpunkt sind wir nur mit zweien gestartet.
00:05:18: Und das war eben zum einen die Onleihe mit den E-Books und den Hörbüchern.
00:05:22: Ich glaube, e-Magazins waren damals noch gar nicht dabei. Und mit den Munzinger Datenbanken.
00:05:28: Auch wenn das Angebot vergleichsweise klein war, die technischen Hürden waren umso größer, denn es war das Internet des Jahres 2009.
00:05:37: Das war so der Anfang. Die Herausforderung da war noch eine ganz andere, vor allen Dingen hinsichtlich der technischen,
00:05:43: weil mittlerweile ruft man die Onleihe auf, sucht sich ein E-Medium aus, wie ein Hörbuch zum Beispiel,
00:05:48: klickt auf "Jetzt lesen, jetzt hören" und dann spielt das im Browser ab und läuft.
00:05:52: Und damals war es halt so, dass alles nur unter Windows zum Beispiel möglich war.
00:05:58: Jedes andere Betriebssystem war ausgeschlossen. Man war gezwungen, einen Windows-Media-Player zu benutzen.
00:06:04: Es gab nur ein Dateiformat, was sich Windows Media Audio nannte, WMA, weil nur dieses den Verlagen zusichern konnte:
00:06:11: Ihre Datei ist sicher und kann nicht "raubkopiert" werden, weil es natürlich eine Auflage ist vom Verlag, wenn man Dateien zur Verfügung stellt.
00:06:19: Das sind natürlich dann Hürden, wenn ein Nutzer das nie genutzt hat oder sein iPod immer,
00:06:27: bzw. sein MB3-Player, die es damals noch gab, immer anders bespielt hat,
00:06:31: war das für den eine Herausforderung und dann mussten wir immer viel erklären und viel erzählen und sprechen.
00:06:37: Das ist auf jeden Fall mittlerweile wesentlich einfacher geworden.
00:06:39: Aber auch wenn heute vieles selbstverständlicher geworden ist, gibt es immer noch bei einigen Reflexe wie
00:06:45: "Naja, aber das Buch ist doch viel sinnlicher, sein Geruch, das Haptische. Im Internet ist es kalt und unpersönlich."
00:06:53: Diese Ressentiments waren 2009 natürlich bei viel mehr Menschen verbreitet.
00:06:59: Nur wenige konnten sich vorstellen, was heute völlig normal ist.
00:07:03: Für mich selber war das jetzt auf jeden Fall vorstellbar, weil ich immer schon in dieser IT-Computerspiele-Welt drin war,
00:07:17: als Mensch da schon reingewachsen. Deshalb war es für mich klar, dass es irgendwann Menschen gibt,
00:07:23: die natürlich auch digital lesen und hören werden.
00:07:27: Aber genau das, was Sie jetzt beschrieben haben, ist das, was natürlich auch viele Kollegen haben.
00:07:35: Ich weiß noch genau, ein bibliothekarischer Fachdirektor sagte mal, er hätte sich nie vorstellen können,
00:07:41: dass die Online, also das E-Book- und E-Mail-Angebot so schnell die Ausleihzahlen von Stadtteilbibliotheken überbetreffen wird.
00:07:51: Es gab sehr viele, die konnten sich einfach nicht vorstellen, dass das passiert.
00:07:55: Das ist dann eher das, was zu diesem Haptischen zurückkommt, weil sie immer denken, der Mensch will das doch in der Hand haben.
00:08:03: Wobei ich aber ganz weit davon entfernt bin, zu sagen, dass das E-Book irgendwann das Printbuch auffrisst,
00:08:09: wenn man so schön sagt, kannibalisiert. Das glaube ich nicht. Dafür gibt es das Buch einfach zu lang.
00:08:15: Dafür ist der Mensch, und das hat man auch in verschiedenen Studien, auch, wenn es um das Lernen geht, immer wieder festgestellt,
00:08:21: der Mensch braucht dieses physische, dieses in der Hand haben und zum Blättern auch.
00:08:26: Aber, man hat halt auch unglaubliche Vorteile bei einem E-Book, und das ist eben das, dass sich die Schrift beliebig groß einstellen kann.
00:08:33: Das sind wir ganz schnell bei älteren Menschen, die vor allen Dingen in unserer sozialen Bibliotheksarbeit auf Großdruckbücher angewiesen sind.
00:08:39: Aber finden Sie mal Verlage, die heutzutage noch extra eine Großdruckbuchreihe auflegen, vor allen Dingen mit aktuellen Bestsellern.
00:08:46: Das finden Sie nicht mehr, die Nische ist zu klein. Und deshalb haben Sie mit dem E-Book eine Möglichkeit,
00:08:52: auch älteren Menschen auch immer noch Bücher in einer gewissen Schriftgröße zur Verfügung zu stellen.
00:08:57: Oder überhaupt ein Buch in die Hand zu nehmen, weil der E-Book-Reader ist einfach mal leichter als ein 500 Seiten Buch.
00:09:03: Also gerade das ist das, was man auch häufig hört bei älteren Menschen: "Ich bin froh, dass ich das auch halten kann."
00:09:09: Und spätestens da denke ich natürlich an meine Besuche bei der Sozialen Bibliothek oder dem Bücherhausdienst, die älteren Menschen die Bücher ins Heim oder nach Hause bringen,
00:09:19: und die eben genau mit diesen Problemen kämpfen. Zu kleine Schrift, zu schwere Schmöker.
00:09:25: Und denen zu meiner Überraschung E-Book-Reader immer häufiger gute Dienste leisten.
00:09:31: Das gilt übrigens auch für Hörbücher. Man denke nur an Harry Potter, den man als Hörbuchausgabe in wer weiß wie vielen CDs kaufen müsste.
00:09:39: Man muss halt keine 27 CDs mehr mit sich rumschleppen um ein Hörbuch zu hören.
00:09:43: Man kann vor allen Dingen auch mal ein Hörbuch leihen und hören, wenn die Bibliothek geschlossen hat.
00:09:49: Oder wenn ich gerade irgendwo am Strand liege und merke, ach jetzt der Roman zu Ende, ich habe noch eine Woche Urlaub, was mache ich jetzt?
00:09:56: Also ruft man die E-Bbo-Seite auf, guckt was es da gibt und leiht sich einfach einen neuen Schmöker aus.
00:10:03: So praktisch das alles ist mit der digitalen Ausleihe von Büchern zum Lesen oder Hören,
00:10:08: so gibt es doch ein grundlegendes Problem bei dieser ganzen Thematik der Digitalisierung des Bibliotheksbereichs.
00:10:15: Ich hatte nicht ohne Absicht vom Kaufen der Harry Potter-CDs gesprochen.
00:10:20: In der Onleihe der Dresdner Städtischen Bibliotheken kann man sich die Hörbücher nämlich nicht leihen.
00:10:26: So praktisch das wäre.
00:10:28: Auch in keiner anderen deutschen Bibliothek, weil...
00:10:30: Weil Harry Potter gibt es leider keine Lizenzrechte für Bibliotheken.
00:10:34: Es könnte alles so schön sein.
00:10:36: Aber nur weil es ein Buch in der Bibliothek gibt, heißt das noch lange nicht, dass es dieses auch als elektronische Variante in der eBibo gibt, die man sich dann ganz einfach auf sein Endgerät herunterlädt.
00:10:48: Die Verlage machen einen gewaltigen Unterschied zwischen einem Buch aus Papier und der digitalen Variante aus Einsen und Nullen.
00:10:56: Bei einem physischen Buch ist die Bibliothek dahingehend rechtlich auf der sicheren Seite dies zu verleihen, weil sie im Urheberrechtsgesetz fest verankert ist.
00:11:04: Die Bibliothek hat das Recht, auf dem Markt ein Buch zu kaufen und das den Nutzern zur Verfügung zu stellen.
00:11:10: Da wird dann auch eine Ausgleichszahlung gezahlt von Bibliotheken an die Verlage bzw. an die Verwertungsgesellschaft.
00:11:17: Die Verwertungsgesellschaft schüttet das dann an die Verlage aus und die Verlage schütten dann immer noch ein bisschen was an die Autoren aus.
00:11:24: Allerdings sieht das deutsche Urheberrecht keine digitalen Medien vor.
00:11:29: Die existieren dort einfach noch nicht so richtig in dem Maße.
00:11:33: Dann hat man, wie bei vielen Sachen, das so ein bisschen verpasst, anzupassen.
00:11:37: Und deshalb ist der aktuelle Sachstand wirklich der: Wenn wir ein E-Book verleihen möchten, muss ein Vertrag mit dem Verlag bestehen.
00:11:45: Der Verlag muss halt sagen: Erstens, ja, ihr dürft E-Books von uns verleihen und zweitens zu den und den Bedingungen.
00:11:53: Die Verlage scheinen einfach die rechtlich ungeregelte Situation zu nutzen, um das Beste für sich rauszuholen.
00:11:59: Wer wollte es ihnen vergönnen.
00:12:01: Aus Bibliothekssicht jedoch bedeutet das eine Menge Arbeit, weil es viele verschiedene Varianten an Lizenzvereinbarung geben kann.
00:12:09: Aus NutzerInnensicht führt das dazu, dass man sich nie sicher sein kann, ob es ein Buch oder ein Hörbuch auch tatsächlich in digitaler Form gibt.
00:12:17: Oder vielleicht auch erst ein halbes Jahr später.
00:12:20: Oder erst die E-Book-Version und dann die Printausgabe.
00:12:23: Oder, oder, oder.
00:12:26: Die Regelungen erzeugen immer mal wieder Frust und Unverständnis auf allen Seiten.
00:12:32: Aus Bibliothekssicht würde ich dann natürlich sofort sagen, ja, wo ist das Problem?
00:12:35: Wo ist das Problem? Bibliotheken gibt es seit tausenden von Jahren.
00:12:38: Buchhandlungen auch schon seit ein paar Jahren.
00:12:40: Und irgendwie funktioniert es doch nebenher.
00:12:43: Es ist einfach eine gewisse Angst vorhanden, dass dieses E-Book, was quasi geliehen wird, gleichzeitig kein gekauftes Buch ist.
00:12:54: Was ein absoluter Trugschluss ist und es gibt genügend Studien, die zeigen, dass Menschen, die viel lesen und vor allen Dingen auch in Bibliotheken lesen, wiederum auch viel kaufen.
00:13:04: Aber hier kämpft einfach auch so diese Überzeugung vom Buch und von der Lesekultur gegen rein wirtschaftliche Interessen.
00:13:14: Weil, das ist so meine Überzeugung in jedem Fall,
00:13:17: weil, wie ich gerade sagte, das sind alles große Verlagsgruppen und die sind daran einfach orientiert, dass es Wachstum gibt.
00:13:25: Und da wird nach jedem Prozent geschaut, was im Endeffekt dieses Wachstum verhindern könnte.
00:13:30: Ob dem so ist, ist umstritten.
00:13:32: Also es gibt verschiedenste Untersuchungen dazu.
00:13:34: Auch die Bundesregierung will jetzt eine neue Studie in Auftrag geben, um dann einfach mal zu schauen, ob das denn wirklich so ist, dass sozusagen die Entleihe der Bibliotheken den Verlagen das Geld nimmt.
00:13:45: Es ist ein Thema, was uns jetzt mittlerweile schon seit zehn Jahren beschäftigt.
00:13:50: Wenn man als Nutzer oder Nutzerin dann aber einmal verstanden hat, dass es diese ganze Lizensierungsproblematik gibt, versteht man auch, warum es beim Ausleihen eines E-Books dasselbe Problem geben kann, wie bei der Printausgabe.
00:14:04: Dass es nämlich nicht verfügbar ist.
00:14:07: Genau das war mir nämlich beim ersten Mal passiert, als ich ein E-Book ausleihen wollte.
00:14:12: Ich musste warten, weil derzeit alle Exemplare verliehen waren.
00:14:16: Wie konnte das sein?
00:14:18: Ich brauchte doch nur eine Kopie der Buchdatei.
00:14:21: Wo war das Problem?
00:14:23: Das hängt natürlich damit zusammen, dass das sozusagen, das was zur Verfügung gestellt wird, auch bezahlt werden muss.
00:14:28: Im Endeffekt ist es eine Auflage der Verlage, die aber muss ich auch selber sagen, natürlich vollkommen nachvollziehbar ist.
00:14:34: Denn wenn wir die Datei endlos zur Verfügung stellen könnten, dann wäre ja der Zugang immer möglich.
00:14:41: Und dann müsste man wirklich den Verlagen dahingehend Recht geben.
00:14:44: Okay, du kriegst dann in jeder Bibliothek immer das E-Book zu dem einen Titel.
00:14:48: Dann wird es ja auch gar keiner mehr kaufen.
00:14:51: Weil ein Bibliotheksausweis ist in der Regel günstig, manchmal auch noch kostenlos.
00:14:55: Von daher gibt es dann einfach die Schranke, dass man eben wirklich sagt, okay, eine Lizenz entspricht einem Exemplar des Buches.
00:15:03: Und wenn diese belegt ist, ist sie für andere gesperrt und wird erst wieder freigegeben, wenn der andere sie sozusagen nicht mehr nutzt,
00:15:10: beziehungsweise, wenn die Leihfrist dann abgelaufen ist.
00:15:13: Also hier wird wirklich das Bibliotheksleben eins zu eins ins Digitale übertragen.
00:15:18: Das ist auch ein Streitthema, weil viele dadurch sagen, da geht ja komplett die Bequemlichkeit oder die Vorteile der Digitalität flöten,
00:15:27: weil man ja einfach nur ein analoges Modell ins Digitale überträgt.
00:15:32: Aber in meinen Augen ist das aufgrund der Konstellation, dass wir auf der anderen Seite ja Produzenten haben, die bezahlt werden müssen, kaum anders möglich und machbar.
00:15:42: Aber wir können auch hier genauso wie im Printbereich zum Glück nachsteuern, indem wir dann einfach sagen,
00:15:48: okay, hier warten jetzt so viele Menschen auf das eine Buch, dann kaufen wir halt eine weitere Lizenz nach.
00:15:53: Dazu könnte es zunehmend häufiger kommen, denn die Nutzerzahlen weisen stetig nach oben.
00:15:58: Gerade in der Pandemie haben viele die Möglichkeiten des online Leihens entdeckt und offenbar auch schätzen gelernt, wie Stefan Ettrich in seinen Zahlen erkennen kann.
00:16:08: Die Nutzungszahlen sind auf jeden Fall jedes Jahr Schritt für Schritt gestiegen, aber Corona gab dem Ganzen natürlich noch mal einen unheimlichen Push.
00:16:15: Wo der erste Lockdown kam, weiß ich noch genau, war das erste, was ich gemacht hatte, eine für alle Mitarbeiter zugängliche Seite zu machen, um einfach transparent darzustellen,
00:16:24: wie ist bei uns der Stand der Lizenzen? Also gibt es überhaupt noch was, was die Leute nutzen können oder ist gerade alles belegt?
00:16:30: Und sind manche vielleicht am Limit? Können wir irgendwo nochmal was nachkaufen?
00:16:35: Jedes Angebot ist unterschiedlich zur Verfügung gestellt. Manche Angebote, da kommt man nicht mal rein, wenn gerade alle Lizenzen belegt sind.
00:16:43: Bei anderen ist es egal, wie viele gerade online sind, da hat nur jeder Nutzer seine Begrenzung für sich.
00:16:47: Da musste man ganz schön hinterher sein, also da hat man gemerkt, boah, hier passiert gerade was.
00:16:52: Die Leute kommen nicht raus, aber die wollen, ich sage jetzt mal in Anführungsstrichen unterhalten, informiert werden.
00:16:59: Und da hat man wirklich gemerkt, das ist irre. Und ja, dann nach den ersten zwei Jahren war ich eigentlich schon so ein bisschen der Überzeugung,
00:17:07: auch wenn mir bewusst war, dass dieser Prozess der Digitalisierung oder wie man es auch nennt, Transformation, nicht weggehen wird.
00:17:13: Da dachte ich mir, es muss ja eigentlich, eigentlich muss es ja mal wieder nach unten gehen. Und das ist aber nicht passiert.
00:17:19: Also auch jetzt steigt die Nutzung trotzdem weiter. Wir haben keine zweistelligen Wachstumsraten mehr, aber es sind dann trotzdem immer nochmal 5 Prozent gewesen.
00:17:30: Es war einfach trotzdem nochmal mehr. Und deshalb hat man schon gesehen, Corona war auf jeden Fall nochmal so ein richtiger Katalysator,
00:17:39: der das Ganze aber einfach noch weiter nach vorne gebracht hat.
00:17:43: All das weiß Stefan Ettrich natürlich, weil er die Nutzungszahlen der digitalen Angebote ganz genau verfolgen kann.
00:17:49: Die Statistiken, die es für die Realmedien gibt, gibt es umso mehr für die E-Books, Film-Streams oder interaktiven Kinderbücher.
00:17:57: Es ist ja geradezu ein Merkmal der digitalen Welt, dass Anbieter alles nur Denkbare über ihre Nutzerinnen und Nutzer wissen können.
00:18:05: Der Spruch "Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts" spiegelt die Möglichkeiten wieder, wie sehr Nutzerdaten zu Geld gemacht werden können.
00:18:14: Und gerade Angebote, die nichts kosten, bezahlen wir normalerweise mit tiefgehenden Statistiken und Analysen unseres Konsumverhaltens.
00:18:23: Wir werden zum gläsernen Konsumenten. Doch genau in diesem Punkt unterscheiden sich die digitalen Angebote der Bibliotheken von den kommerziellen Anbietern.
00:18:33: Es gibt ja grundsätzlich eine rechtliche Regelung in unserer Benutzungssatzung, wo drin steht, wir verwenden die uns zur Verfügung gestellten Daten nur zur Abwicklung des Ausleihprozesses.
00:18:44: Also nicht, um jetzt irgendwelche Analysen zu betreiben in irgendwelchen Tiefen.
00:18:49: Nichtsdestotrotz müssen wir natürlich grob wissen, welche Bestände funktionieren, aber das sieht man einfach anhand des Bestandes selbst.
00:18:56: Wird dieser entliehen oder nicht?
00:18:58: Natürlich ist es schön, wenn man diese Querverbindung jetzt in jedem Detail immer ziehen könnte. Derjenige ist so und so alt und weiblich, divers, männlich, wie auch immer.
00:19:07: Aber das ist nicht der Grundsatz, nachdem auch als öffentliche Einrichtungen gearbeitet wird.
00:19:13: Also unser Grundsatz ist auch eher der, also so wenig Daten wie möglich.
00:19:17: Und da achten wir auch bei unseren Dienstleistern darauf, dass sie das auch mit erfüllen.
00:19:23: Unser Filmstreaminganbieter zum Beispiel, der hat sich das direkt auf die Fahne geschrieben, dass bei uns kein datensammelnder Algorithmus dahinter liegt,
00:19:32: der sie komplett ausliest, um da das passende Filmangebot daraus zu schneidern.
00:19:38: Dort wird das auch anhand des Bestandes natürlich dann gemessen. Die sehen einfach nur die und die Filmsegmente laufen am besten, da wird es darüber gesteuert.
00:19:45: Also das ist schon ein Thema dahingehend, dass man halt darauf verzichtet. Nichtsdestotrotz können wir trotzdem grob sagen, welche Nutzer die eBibo zumindest in manchen Angeboten nutzen.
00:20:00: Das kommt immer darauf an, wie die Anbindung ist zu unserer Datenbank, was es da für Möglichkeiten gibt.
00:20:06: An sich findet aber nicht so eine Datenkrakenanalyse statt. Und das ist auch der Vorteil einfach, finde ich, von einem digitalen Angebot von der Bibliothek,
00:20:15: weil man sich eben nicht den achten Account irgendwo anlegen muss, wo man nochmal das eine oder andere von sich offenbaren muss.
00:20:23: Man kann halt sozusagen ohne Sorge streamen.
00:20:26: Am Ende unseres Gesprächs komme ich dann noch auf ein Thema, das mich während aller Recherchen für diesen Podcast auch ein bisschen umtreibt.
00:20:35: Wie gehen Bibliotheken eigentlich mit dem Thema Podcast um?
00:20:39: Es ist ein relativ neues Medienformat. Der erste Podcast entstand 2005 und spätestens mit Beginn der letzten Welle vor ein paar Jahren,
00:20:48: ausgelöst durch den Erfolg des US-Podcasts "Serial" im Jahr 2014, ist das Hörformat im Massenmarkt angekommen.
00:20:57: Müssen sich Bibliotheken nicht eigentlich um Podcasts genauso kümmern, wie sie es um Bücher, Filme und so viele andere Dinge tun?
00:21:05: Stefan Ettrich ist da durchaus skeptisch, hat dafür aber auch eine nachvollziehbare Begründung.
00:21:13: Also aktuell findet er wirklich bloß statt, indem Bibliotheken einfach von ihrer Arbeit erzählen, so wie wir es jetzt heute hier machen.
00:21:20: Dahingehend wird der Podcast also gern genutzt, um einfach mal zu zeigen, wie tickt die Bibliothek intern.
00:21:28: Als Medienangebot an sich, muss ich jetzt sagen, findets nicht statt. Also es ist mir jetzt auch nicht bekannt.
00:21:36: Bibliotheken bieten die Möglichkeit an, selber Podcasts aufzuzeichnen.
00:21:40: Also es gibt Bibliotheken, die Podcaststudios zur Verfügung stellen.
00:21:44: Aber ich stelle mir halt die Frage, warum sollte man das zur Verfügung stellen, wenn es sozusagen frei verfügbar ist?
00:21:50: Und wenn es nicht frei verfügbar ist, dann ist es halt hinter einer Bezahlschranke.
00:21:54: Aber Spotify und Co. machen sich ja Gedanken dabei, wenn sie einen Podcast exklusiv einkaufen.
00:22:02: Also kann ich mir auch kaum vorstellen, dass die den Podcast dann bereitwillig für Bibliotheken dann zur Verfügung stellen.
00:22:09: Also hier sehe ich auch wieder dieses Problem, den Kampf eben zwischen dem Drang sozusagen Geld zu verdienen und dem etwas offen zur Verfügung zu stellen.
00:22:19: Man könnte jetzt überlegen, Podcasts, die zum Beispiel generell kostenlos produziert werden, ob man die vielleicht bewahren müsste als kulturelles Gedächtnis.
00:22:30: Ja, so ein geflügeltes Wort ist auch dieses "oral history", kommunizierte Geschichte, Erlebnisse, die die anderen wiedergeben und solche Diskussionen, ob sowas nicht schützenswert ist und aufhebenswert.
00:22:43: Das ist aber ein Auftrag für Landes- und Staatsbibliotheken.
00:22:47: Die haben das auf jeden Fall auch auf dem Schirm.
00:22:49: Also es ist auch ein Thema, dass auch digitale Medien gesammelt werden und geschützt.
00:22:54: Also das macht auch die Nationalbibliothek.
00:22:57: Aber das spielt für eine öffentliche Bibliothek spielt das einfach keine Rolle und mir fehlt die Vorstellung, das irgendwie in einem sinnvollen Format anzubieten oder unterzubringen.
00:23:08: Im Endeffekt ist es wirklich das Problem.
00:23:10: Ist der Podcast eh frei, dann frage ich mich, warum sollte ich das in der Bibliothek irgendwie zur Verfügung stellen?
00:23:16: Weil bei uns läuft in der Regel sowieso die Nutzung immer über den Benutzerausweis.
00:23:20: Das heißt, ich stelle ein sonst freies Produkt noch mal hinter einer Schranke.
00:23:24: Das ergibt für mich keinen Sinn.
00:23:26: Dann könnte man eher sagen, okay, dann nimmt man lieber eine Veranstaltung und bringt dem Bürger das Medium Podcast einfach, stellt das mal vor.
00:23:35: Guck mal, sowas gibt es jetzt.
00:23:36: Vielleicht kennt das manch einer noch nicht.
00:23:38: Und in der und der Mediathek kriegst du Nachschub.
00:23:41: Und dann auf der anderen Seite neben den nicht-freien eben dann die kommerziellen, dann wird garantiert nicht der Fall eintreten,
00:23:48: dass eben die besagten Spotify und Co. ihre Exklusiv-Podcasts freigeben, wenn dann nur gegen exorbitante Summen.
00:23:55: Und wenn sie sie dann freigeben, sind es dann wahrscheinlich die Folgen, die schon x Jahre alt sind.
00:24:00: Warum sollte man diese jetzt noch mal extra lizensieren?
00:24:03: Also mir fehlt da die Greifbarkeit dieses Mediums, weil das auch im Endeffekt auch so losgelöst ist.
00:24:11: Alle anderen Medien sind so immer an so einem Container gebunden.
00:24:14: Dieses Buch, die CD oder das Hörbuch und der Podcast ist in meiner Meinung so was Fliesendes, der ist schwer zu greifen.
00:24:23: Podcasts sind vielleicht wirklich das erste ureigene digitale Medienformat,
00:24:28: bei dem es gar nicht erforderlich ist, dass es in Bibliotheken zugänglich gemacht wird,
00:24:34: eben weil es von Anbeginn an ein gigantisches kostenloses Angebot gab.
00:24:40: Damit waren wir dann auch am Ende unseres Streifzugs durch das digitale Angebot der Städtischen Bibliotheken Dresden.
00:24:48: Pünktlich um 10 Uhr erinnerte uns ein älterer Herr daran, dass er bereit steht,
00:24:54: um im Lesesaal die aktuelle Ausgabe seiner Zeitung zu lesen.
00:24:58: Natürlich auf Papier.
00:25:01: Und in der nächsten Folge unseres Podcasts "Hinter den Kulissen"
00:25:05: besuchen wir dann wieder eine physische Bibliothek mit echten Büchern aus Papier und Pappe.
00:25:11: Diesmal dann in einer Schulbibliothek.
00:25:15: Bis dahin, alles Gute.
00:25:17: [Musik]
00:25:35: Der Bücherausch-Podcast ist eine Produktion von Marcus Anhäuser.
00:25:39: Der Titelsong "Please listen carefully" ist von Jhazzar.
00:25:43: Mit freundlicher Unterstützung der Städtischen Bibliotheken Dresden.
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